Bärenmarkt als Chance: Strategisch positionieren in Small-Cap-Aktien? Ein Blick auf den Russell 2000

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Quelle: Olivier Le Moal / Shutterstock.com

Das Jahr 2022 war bisher alles andere als ein Zuckerschlecken für Anleger, denn die Inflation, die Zinswende der US-Notenbank und die geopolitische Krise durch den Krieg in der Ukraine haben die Marktstimmung auf ein extrem pessimistisches Niveau gedrückt. Es herrscht weiterhin Unklarheit, ob der Boden bereits erreicht ist oder ob eine möglicherweise ausbrechende Rezession weiteren Tribut von den Aktienmärkten fordern wird.

Die Bärenmarkt-Stimmung gestaltet sich für langfristig orientierte Anleger jedoch als chancenreiches Spielfeld, um sich strategisch zu positionieren. Dabei lohnt sich auch ein Blick abseits der großen Indizes, die meistens das Geschehen am Markt dominieren.

Lohnt sich eine strategische Position im Russell 2000?

Der Russell 2000 ist ein US-Aktienindex für Nebenwerte. In ihm sind die 2000 kleinsten nach Marktkapitalisierung gewichteten US-amerikanischen Unternehmen des Russell 3000 gelistet. Sie symbolisieren sozusagen den unteren Teil des Russell 3000, ein Index, der entsprechend die 3000 größten US-Unternehmen abbildet. Der Russell 3000 repräsentiert etwa 98 Prozent der Marktkapitalisierung der US-amerikanischen Aktienmärkte. Währenddessen präsentiert der Russell 2000 etwa 10 Prozent davon (zum Vergleich: Der S&P 500 Index umfasst etwa 80 Prozent des US-Marktes).

Der Russell 2000 wird aufgrund seiner Betonung kleinerer Unternehmen mit Fokus auf den US-Markt allgemein als Barometer der US-Wirtschaft wahrgenommen.

Die Krisen-Stimmung der letzten Monate hat dazu geführt, dass Anleger Kapital aus den Märkten ziehen und ihre verbleibenden Positionen vermehrt in größere, stabilere Unternehmen umschichten, da Small-Cap-Werte in der Regel riskanter und volatiler sind und in schweren Zeiten dazu neigen, stärker von Marktkorrekturen betroffen zu sein. Im Gegenzug tendieren Small Caps dazu, die großen Indizes in Zeiten wirtschaftlicher Stärke eher outzuperformen.

Betrachtet man den Russell 2000 im Vergleich mit dem S&P 500 und dem Nasdaq Composite, erkennt man, dass US-Small Caps in der Corona-Krise am stärksten unter die Räder gekommen sind und in der anschließenden Phase der Markt-Erholung den S&P 500 nur während einer relativ kurzen Zeitperiode outperformen konnten. Spätestens die Ankündigung der Zinswende durch die US-Notenbank hat die Gesamtmärkte, die Small Cap Aktien jedoch deutlich stärker unter Druck gesetzt.

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Während der S&P 500 und der technologielastige Nasdaq Composite Unternehmen enthalten, die aufgrund ihrer Internationalität stärker von globalen Makro-Entwicklungen betroffen sind, spiegelt sich im Russell 2000 der erwartete Effekt auf die heimische US-Wirtschaft deutlicher wider. Die Zinserhöhungen erhöhen die Chance einer Rezession für die US-Wirtschaft, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Small Caps.

Für antizyklisch denkende Investoren, die einen etwas längeren Zeithorizont mitbringen, könnten sich jedoch genau hier Chancen ergeben, denn so schmerzhaft die weitere Phase der Zinserhöhungen und eine wahrscheinlicher werdende Rezession auch sein dürften – eine irgendwann eintretende Erholung dürfte an den Aktienmärkten spätestens dann eingepreist werden, wenn klar ist, dass die Maßnahmen der Notenbank Früchte tragen und die Inflation eingedämmt werden kann. Angesichts der seit dem Corona-Crash 2020 relativ schwächeren Performance der US-Small Caps im Vergleich zu den großen Indizes besteht hier potenziell deutlich größerer Aufholbedarf.

Allerdings bleibt weiteres Abwärtsrisiko bestehen, solange das Szenario einer Rezession noch nicht voll eingepreist ist – das gilt für die Small Caps aufgrund ihrer höheren Sensibilität bezüglich der heimischen finanziellen Konditionen am Kreditmarkt umso mehr.

Der übergeordnete Fahrplan bleibt vorerst festgelegt: die US-Notenbank wird die Zinsen weiterhin erhöhen, um der Inflation Einhalt zu gebieten, selbst wenn dies zu einer wirtschaftlichen Kontraktion und damit weiteren unmittelbaren Schmerzen auch für die Finanzmärkte sorgen wird. Die Zinserhöhungsphase könnte sich dabei bis weit in das nächste Jahr hinein erstrecken. Den nächsten Anhaltspunkt wird es jedoch bereits in zwei Wochen geben, wenn frische Daten zur Entwicklung der Inflation in den USA veröffentlicht werden.

Ein weiterer Faktor bleiben die geschädigten Lieferketten, die für die US-Wirtschaft als großes Import-Land besonders schwer ins Gewicht fallen. Zwar wurden nun die Corona-Lockdowns in China wieder weitestgehend gelockert, doch die negativen Effekte werden sich erst mit einiger Verzögerung wieder glätten. Die angespannte Lage an den Rohstoff-Märkten aufgrund des Ukraine-Krieges bleibt ebenfalls eine Belastung. Defensive Anleger warten auf eine Entspannung der Inflationsentwicklung, der Lieferkettenprobleme und der geopolitischen Spannungen. Risikofreudigere Anleger, die auf eine unerwartet schnelle Erholung der weltwirtschaftlichen Lage spekulieren, können bereits jetzt, beispielsweise über Sparpläne, anfangen Positionen aufzubauen.

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