Deutsche Produktion schrumpft - "Auftragsmangel hemmt"

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Berlin (Reuters) - Die von Auftragsmangel geplagten deutschen Unternehmen haben ihre Produktion im März nach zwei Anstiegen in Folge erstmals wieder gedrosselt.

Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 0,4 Prozent weniger her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Rückgang von 0,6 Prozent gerechnet, nachdem es im Februar ein Plus von 1,7 und im Januar von 1,3 Prozent gegeben hatte. Im ersten Quartal wuchs die Produktion um 1,0 Prozent.

"Wenn die Auftragsbücher dünn sind, kann die Industrieproduktion nicht zur Hochform auflaufen", erklärte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel, den Rückschlag. "Die schlechte Auftragslage gepaart mit handfesten strukturellen Problemen wie Fachkräftemangel und hohen Kosten für Energie, Personal oder Finanzierung belasten die Unternehmen", fügte der Konjunkturexperte der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Jupp Zenzen, hinzu. Auch das moderate Wachstum der Weltwirtschaft komme bei der heimischen Industrie noch nicht an.

Das Bundeswirtschaftsministerium erwartet aber trotz der Auftragslage eine Erholung im Jahresverlauf und verwies auf verbesserte Indikatoren wie das Ifo-Geschäftsklima. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) rechnet allerdings nur mit einer "allmählichen, aber noch recht blutleeren Erholung", wie ihr wissenschaftlicher Direktor Sebastian Dullien sagte.

"KAUM EINE BRANCHE BLEIBT VERSCHONT"

Hauptproblem der Industrie ist das schwächelnde Neugeschäft: Im ersten Quartal fielen die Aufträge um 4,3 Prozent niedriger aus als in den drei Monaten zuvor. Im April nahmen die Klagen aus der Wirtschaft noch zu: 39,5 Prozent der Industriebetriebe berichteten von fehlenden Aufträgen, nach 36,9 Prozent im Januar, wie das Ifo-Institut zu seiner vierteljährlichen Umfrage mitteilte. "Der Mangel an Aufträgen hemmt die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland", sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. "Kaum eine Branche bleibt verschont." Hoffnung macht der wachsende Lkw-Verkehr auf Autobahnen, der im April um 0,9 Prozent zum Vormonat zulegte. Die Entwicklung wird von Ökonomen genau beobachtet: Sie liefert sehr früh Hinweise zur Industriekonjunktur, da wirtschaftliche Aktivität auch Verkehrsleistungen erzeugt und benötigt.

Die Industrieproduktion allein nahm im März ebenfalls um 0,4 Prozent ab. In den einzelnen Branchen ist die Entwicklung unterschiedlich: Während die Produktion in den Bereichen Kraftfahrzeuge und Kfz-Teile (0,6 Prozent), elektrische Ausrüstungen (0,6 Prozent) sowie Metallerzeugnisse (0,3 Prozent) zulegte, nahm sie im Maschinenbau (1,0 Prozent) und bei Pharmaerzeugnissen (0,3 Prozent) ab. Bei den besonders energieintensiven Industriezweigen blieb die Herstellung insgesamt unverändert. "Die gefallenen Energiepreise, insbesondere beim Erdgas, haben hier die Profitabilität der Produktion in Deutschland verbessert und so zum Anstieg der Herstellung beigetragen", sagte IMK-Direktor Dullien. "Hier dürfte der Tiefpunkt klar durchschritten sein."

Die Bauproduktion legte im März zu: Sie stieg um 1,0 Prozent, wozu auch das milde Wetter beigetragen haben dürfte. Die Energieerzeugung verringerte sich dagegen mit 4,2 Prozent erneut spürbar.

Die deutsche Wirtschaft hat sich zuletzt etwas berappelt. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs im ersten Quartal um 0,2 Prozent, nachdem es Ende 2023 um 0,5 Prozent gesunken war. Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit einem Wachstum von 0,3 Prozent. Keine andere große Industrienation dürfte so schwach abschneiden, sagen internationale Organisationen wie der IWF und die OECD voraus.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Christian Götz und Thomas Seythal. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)

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